"Splice"
("Splice – Das Genexperiment; Kanada / Frankreich 2009; R: Vincenzo Natali)
Trotz ihrer Jugend haben Clive (Adrien Brody) und Elsa (Sarah Polley) bereits eine brillante Wissenschaftskarriere absolviert. Als das aktuelle Projekt des Forscherpaars jedoch Gefahr läuft, eingestellt zu werden, wagen die Gentechniker ein riskantes Experiment: Sie bringen menschliche DNA in ein Hybridwesen ein. Die auf den Namen "Dren" getaufte Kreatur (Delphine Chanéac) wächst schnell zu einem menschenähnlichen Wesen heran. Während die Jungforscher elterliche Gefühle entwickeln, wird Dren zunehmend unkontrollierbarer.
Kurz vor dem deutschen Kinostart von "Splice" vor zwei Jahren gelang es einem Team von US-Wissenschaftlern, in einem Labor erstmals ein komplett künstliches Bakterium zu erschaffen. Damit wurde die Idee, die Vincenzo Natalis Science-Fiction-Thriller zu Grunde liegt, durch die Wirklichkeit eingeholt, noch bevor der Film die Kinos erreicht hatte. Das von den realen Forschern geschaffene Bakterium mag zwar weit von dem menschenähnlichen, das Erbgut verschiedener Tiere vereinenden Fantasiewesen aus "Splice" entfernt sein. Einen zusätzlichen tagesaktuellen Bezug verleiht dies dem von Regiekollegen Guillermo del Toro ("Pans Labyrinth") produzierten Werk aber allemal.
Streckenweise erhebt "Splice" durchaus den Anspruch, einen populärkulturellen Beitrag zur gegenwärtigen Bioethikdebatte zu leisten. Wie dort läuft alles auf die Frage hinaus, ob der Mensch immer auch umsetzen darf, was technisch möglich ist. Ein allzu kopflastiges, gar philosophisches Traktat über das prometheische Streben sollte allerdings niemand von dem Crossover aus Science-Fiction, Fantasy und Thriller erwarten. Vielmehr bedient sich Regisseur und Drehbuchautor Natali, der mit dem klaustrophobischen Thriller "Cube" 1997 ein Überraschungserfolg landete, neben den obligatorischen Verweisen auf James Whales "Frankenstein"-Adaption und das 1980er-Jahre-Remake der "Fliege" einer B-Film-Dramaturgie und genretypischer Effekte. Die atmosphärisch gestalteten Bilder von "Splice" sind mittels Farbfilter monochrom eingefärbt, auch mit Digitaleffekten geizt der Monsterfilm kaum. Das Design der Kreatur setzt offensichtlich auf die Schaulust des Publikums, das die Entwicklung des Hybridwesens vom nagetierartigen Kleinkind bis zur Mischung aus Mensch, Känguru, Fisch und Vogel verfolgen darf.
Doch was unter den Händen eines David Cronenberg provokantes und intellektuelles Genrekino hätte werden können, verzettelt sich in altbekannten Klischees und krankt am vorhersehbaren Drehbuch. Ambitioniert ist einzig der von Natali konsequent verfolgte Ansatz, den Science-Fiction-Plot als Ausgangspunkt einer mit Verweisen auf die griechische Mythologie und Freud aufgeladenen sarkastischen Kritik an oppressiven Familienstrukturen zu nutzen. Aber gerade durch die forcierten Verweise auf ödipale Ursituation und Inzest wirkt "Splice" überkonstruiert. Übrig bleibt ein unbefriedigender Genrezwitter, ähnlich hybrid wie die geklonte Kreatur in seinem Zentrum.
Dieser Text ist zuerst erschienen auf www.br.de (dort jedoch nicht mehr online)
"Splice" ("Splice – Das Genexperiment" (CAN / F 2009)
Regie: Vincenzo Natali, Drehbuch: Vincenzo Natali, Doug Taylor, Produktion: Steve Hoban, Guillermo Del Toro, Susan Montford, Don Murphy, Yves Chevalier, Christophe Riandee, Sidonie Dumas - Kamera: Tetsuo Nagata - Schnitt: Michele Conroy - Verleih: Senator - Länge: 108 Min. - FSK: 16 - Besetzung: Adrien Brody, Sarah Polley, Delphine Chanéac, David Hewlett, Brandon McGibbon u.a. - Kinostart (D): 03.06.2010
Und hier noch der Trailer via Youtube:
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