"Gamer"
(USA 2009; Regie: Mark Neveldine und Brian Taylor)
In einer nicht näher bestimmten Zukunft hat eine neue Generation von Onlinespielen die herkömmlichen Computerspiele abgelöst. Hier lenken die Teilnehmer echte Menschen als Avatar. Neben "Society", einer pornografischen Variante von Second Life, ist "Slayers" das erfolgreichste Format. Es ist ein "Killerspiel" im wahrsten Sinn des Wortes, bei dem zum Tode Verurteilte als moderne Gladiatoren auf Leben und Tod antreten.
Unangefochtener Held der Cyber-Arena ist der stoische Kable (Gerard Butler). Vom Teenager Simon (Logan Lerman) gesteuert, werden seine Kämpfe von Millionen weltweit live verfolgt. Um seine Familie zu retten, muss Kable jedoch einen Ausweg aus der virtuellen Fremdbestimmung finden und den exzentrischen Spieledesigner Ken Castle (Michael C. Hall) stellen.
"Gamer"
ist eine Film gewordene Jungsfantasie: hyperaktiv, grell und laut,
passagenweise so düster wie ein Marilyn-Manson-Videoclip, dann wieder bis in
die schreienden Neonfarben der Pop-Art überzeichnet. Erklärt geschmacklos ist
das Ganze obendrein. Mehr noch als in ihren "Crank"-Filmen (2006/09) mit
Martial-Arts-Star Jason Statham mischt das Regisseurs- und Autorenteam Mark
Neveldine und Brian Tylor Sex, Gewalt und Obszönitäten, alles zusammengeleimt durch
zynischen Humor. Ob einem das gefällt, ist ganz eindeutig eine Geschmacksfrage.
Deutlich auf die Sehgewohnheiten eines jungen Publikums zugeschnitten, ist "Gamer"
auch eine logische Weiterentwicklung der "Crank"-Filme. Trat dort Statham
als lebender Toter in einer hyperrealen Comicwelt an, in der Stillstand den Tod
bedeutet, so ist der neue Film mit Gerard Butler als Online-Gladiator gleich in
einer weitgehend virtuellen Welt angesiedelt.
Motivisch
bedient sich diese Anti-Utopie bei Science-Fiction-Werken wie "Rollerball"
(1975; Norman Jewison), "The Running Man" (1987; Paul Michael Glaser)
und "Robocop" (1987; Paul Verhoeven). Aber wo
zumindest Verhoevens "Robocop" eine boshafte Satire bot, da läuft die mit dem Vorschlaghammer
vorgetragene Gesellschaftskritik hier nur ins Leere. Ärgerlich ist vor
allem der pseudo-moralische Gestus, mit dem vorgegeben
wird, dem voyeuristischen Spielepublikum den Spiegel vorzuhalten. Dabei ist es gerade
die virtuose Action- und Gewalt-Inszenierung, durch die der harte Reißer das
Kinopublikum unterhält.
Tatsächlich
gelingt es Neveldine
und Tylor in den mit Reißschwenks und digitalen
Pixelfehlern inszenierten Kampfsequenzen, sich der Ästhetik moderner
First-Person Ego-Shooter anzunähern. Hier, in den an Computerspiel-Levels
angelehnten Wettkampfarenen, feiern die Regisseure Kino als Kunst purer
kinetischer Energie; ein Rausch der Bewegung, in dem der rasante Schnitt und
die extrem agile Kamera den Eindruck von Unmittelbarkeit erzeugen. Doch der visuelle Overkill kann letztlich die
dramaturgischen Schwächen kaum kaschieren. Als Science-Fiction-Dystopie bleibt "Gamer"
weit hinter seiner guten Ausgangsidee zurück, als zynischer Unterhaltungsfilm wird
er von "Crank" um Längen übertroffen. Und als innovative Fusion von
Computerspielästhetik und Kino verblasst er sowieso im Schatten von James
Camerons "Avatar".
Dieser Text
ist zuerst erschienen auf www.br.de (dort
jedoch nicht mehr online)
"Gamer"
(USA 2009)
Regie:
Mark Neveldine, Brian Taylor - Drehbuch:
Mark Neveldine, Brian Taylor - Produktion:
Gary Lucchesi, Tom Rosenberg, Skip Williamson, Richard S. Wright - Kamera: Ekkehart Pollack - Schnitt: Peter Amundson, Fernando
Villena, Doobie White - Musik: Robb
Williamson, Geoff Zanelli - Verleih:
Universum - Länge: 95 Min. - FSK: keine Jugendfreigabe - Besetzung: Gerard Butler, Amber
Valletta, Michael C. Hall, Kyra Sedgwick, Chris "Ludacris" Bridges,
Alison Lohman - Kinostart (D):
07.01.2010
Und hier noch der Trailer via Youtube:
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