Sonntag, 15. März 2015

Der Stand der Dinge: WAS HEISST HIER ENDE? von Dominik Graf



 

Was heißt hier Ende? – Der Filmkritiker Michael Althen

(Deutschland 2015; Regie: Dominik Graf) 


Wie man einen Essay über den Stand der Filmkritik dreht, der Lust und Frust, Glück und Misere des Berufsstandes auf den Punkt bringt, zugleich aber auch eines der schönsten Porträts über einen ausgewiesenen Exponenten dieser Zunft gestaltet, das demonstriert Dominik Graf in seinem neuen Dokumentarfilm „Was heißt hier Ende?“. Dabei mutet das Sujet zunächst eher sperrig an. Ist doch der Kritiker ein Mensch, dessen Arbeit sich meist unspektakulär gestaltet und die er im dunklen Kinosaal, bei den obligatorischen Pressevorstellungen, im Gewusel von Filmfestivals und bei Massen-Interviewterminen, nicht zuletzt auch im Büro verrichtet. Dort brütet er über den eigenen Notizen, dem Presseheft oder vor seinem Computer, sucht nach dem richtigen Zugang zum Film oder hackt einen Text in die Tasten. Die Ironie liegt auf der Hand: Wirklich „fotogen“ ist der Beruf des Filmkritikers nicht. Und wenn dann auch noch der Protagonist des Films, in diesem Fall der begnadete Kritiker Michael Althen (1962-2011), viel zu früh gestorben ist, gestaltet sich die Hommage doppelt schwer.

Samstag, 14. März 2015

Arbeit im Genre-Steinbruch: DIE KOCH MEDIA ITALOWESTERN-ENZYKLOPÄDIE, No. 1




DVD-Rezension
DIE KOCH MEDIA ITALOWESTERN-ENZYKLOPÄDIE, No. 1

Einen bunten Strauß Western-Merkwürdigkeiten, die das europäische Populärkino zwischen 1967 und 1970 hervorgebracht hat, bietet die erste Ausgabe der "Italowestern-Enzyklopädie" von Koch Media mit Filmen wie GENTLEMAN JO … UCCIDI (SHAMANGO; 1967) von Giorgio Stegani, … E PER TETTO UN CIELO DI STELLE (AMIGOS; 1968) von Giulio Petroni, I VIGLIACCHI NON PREGANO (SCHWEINEHUNDE BETEN NICHT; 1969) von Mario Siciliano sowie ROY COLT E WINCHESTER JACK (DREI HALUNKEN UND EIN HALLELUJA; 1970) von Mario Bava. Der Begriff Enzyklopädie ist tatsächlich treffend gewählt: Die DVD-Box versammelt abgesehen von … E PER TETTO UN CIELO DI STELLE eine Reihe eher billig produzierter, und damit typischer Werke des Subgenres, die als beispielhafte B-Filme ohne Hierarchisierung und Wertung dargeboten, so etwas wie einen überblickhaften Ausschnitt des Genres darstellen. In diesem Sinn erfüllt die Edition tatsächlich die filmhistorische Funktion eines Nachschlagewerks und ist eine Grundlage für die Forschungsarbeit am Genre durch Filmwissenschaftler und Fans, denen die eher obskuren Filme hier in durchgängig guter bis sehr guter Qualität präsentiert werden. Allenfalls eine wirkliche Ausgrabung fehlt vielleicht wie sie Koch Media z.B. mit der Veröffentlichung von Nando Ciceros gewalttätigem IL TEMPO DEGLI AVVOLTI (ZEIT DER GEIER; 1967) oder Giulio Petronis Schlüsselwerk TEPEPA (1969) geleistet hat.

Robert Altman zum 90. Geburtstag



American Dreamers/American Losers
– Eine kursorische Passage durch Robert Altmans Werk

I. Altman, Hollywood Survivor


„It's all just one film to me. Just different chapters.“
(Robert Altman)

Robert Altmans (1925-2006) Karriere verlief nie linear, sondern war geprägt von Aufs und Abs, von Kurven und Knicks, von dauerhaften Kämpfen, die er mit Studios und Produzenten führte, und nicht zuletzt von einer äußerst wechselhaften Beziehung zum Publikum: Mal war er zur rechten Zeit am rechten Ort, dann wieder down and out. Altman war ein maverick director, immer dabei und doch außen vor. Am ehesten am Puls der Zeit war er in den 70er Jahren. Lediglich „M*A*S*H“ („M.A.S.H.“; 1970) – auch heute noch sein bekanntester Film – und „The Player“ (1992) waren wirklich große kommerzielle Erfolge, die dem Regisseur seinen Status als Außenseiter in Hollywood sicherten. Durch „M*A*S*H“ erhielt Altman die Möglichkeit, seinen großen Korpus von Filme zu realisieren. Quer durch alle Genres entstanden ab seinem Kinodebüt von 1957, dem Jugenddrama „The Delinquents“, bis zu dem melancholischen Ensemblestück „A Prairie Home Companion“ („Robert Altmans Last Radio Show“; 2006) in seinem Todesjahr 35 Kinospielfilme, zahlreiche Fernsehfilme, Dokumentationen und Serienepisoden sowie Filme, die er für befreundete Filmemacher wie Alan Rudolph produzierte.