Sonntag, 15. November 2015

Kino, grenzüberschreitend: Ein Sammelband zum „Transnational Cinema in Europe“




Buchrezension
Manuel Palacio & Jörg Türschmann (Hg.):
„Transnational Cinema in Europe“

Wer sich mit den nationalen Kinematografien Europas, ihren Beziehungen untereinander sowie zum globalen Filmmarkt beschäftigt, muss sich auch mit den seit der unmittelbaren Nachkriegszeit entstandenen europäischen Koproduktionen auseinandersetzen. Das Spannungsfeld zwischen Internationalisierung, Globalisierung und Lokalisierung im Hinblick auf das europäische Kino ist weit gefasst, unübersichtlich und bislang nur kursorisch von Film- und Medienwissenschaft erschlossen. Fragen nach der Relevanz von inter- und transnationalen europäischen Filmproduktionen und Handelsabkommen für nationale Kinematografien und die – bis heute nur vage und widersprüchlich bestimmte – europäische Identität sind zweifellos aktuell.

Samstag, 9. Mai 2015

TERZA VISIONE, parte due: Vacanze a Norimberga!



 
Terza Visione - 2. Festival des italienischen Genrefilms

Nach dem Einstand im April 2014 fand dieses Jahr vom 27. bis 29. März zum zweiten Mal das „Festival des italienischen Genrefilms“ im mittelfränkischen Nürnberg statt. Und nach dem gelungenen Auftakt letztes Jahr – für mich der absolute Höhepunkt des Filmjahres – bot das wieder im „KommKino“ und „Filmhauskino“ ausgerichtete Festival eine wahre Fundgrube an seltenen, ebenso außer- wie ungewöhnlichen Filmen abseits des Mainstreams und des engstirnigen Kanon-Denkens.

Freitag, 1. Mai 2015

Genrekino aktuell (I.): Ein Triple-Feature mit Vampiren, Monstern und einem Stalker




Drei Genrefilme, die zurzeit im Kino zu sehen sind oder demnächst anlaufen, alle im weitesten Sinne dem Independent-Sektor zuzuordnen, alle mit starken Frauen vor und hinter der Kamera, aber doch ganz unterschiedlich in Haltung und Umsetzung: Ana Lily Amirpour entführt in „A Girl Walks Home Alone at Night“ in eine Geisterstadt, in dem eine wunderschöne Vampirin auf ihrem Skateboard die Nacht durchstreift; Jennifer Kent lässt in „The Babadook“ eine neue Kinderschreckfigur von der Kette und Rob Cohen versucht mit „The Boy Next Door“, Exploitationkino und Mainstream zu versöhnen. 

Sonntag, 15. März 2015

Der Stand der Dinge: WAS HEISST HIER ENDE? von Dominik Graf



 

Was heißt hier Ende? – Der Filmkritiker Michael Althen

(Deutschland 2015; Regie: Dominik Graf) 


Wie man einen Essay über den Stand der Filmkritik dreht, der Lust und Frust, Glück und Misere des Berufsstandes auf den Punkt bringt, zugleich aber auch eines der schönsten Porträts über einen ausgewiesenen Exponenten dieser Zunft gestaltet, das demonstriert Dominik Graf in seinem neuen Dokumentarfilm „Was heißt hier Ende?“. Dabei mutet das Sujet zunächst eher sperrig an. Ist doch der Kritiker ein Mensch, dessen Arbeit sich meist unspektakulär gestaltet und die er im dunklen Kinosaal, bei den obligatorischen Pressevorstellungen, im Gewusel von Filmfestivals und bei Massen-Interviewterminen, nicht zuletzt auch im Büro verrichtet. Dort brütet er über den eigenen Notizen, dem Presseheft oder vor seinem Computer, sucht nach dem richtigen Zugang zum Film oder hackt einen Text in die Tasten. Die Ironie liegt auf der Hand: Wirklich „fotogen“ ist der Beruf des Filmkritikers nicht. Und wenn dann auch noch der Protagonist des Films, in diesem Fall der begnadete Kritiker Michael Althen (1962-2011), viel zu früh gestorben ist, gestaltet sich die Hommage doppelt schwer.

Samstag, 14. März 2015

Arbeit im Genre-Steinbruch: DIE KOCH MEDIA ITALOWESTERN-ENZYKLOPÄDIE, No. 1




DVD-Rezension
DIE KOCH MEDIA ITALOWESTERN-ENZYKLOPÄDIE, No. 1

Einen bunten Strauß Western-Merkwürdigkeiten, die das europäische Populärkino zwischen 1967 und 1970 hervorgebracht hat, bietet die erste Ausgabe der "Italowestern-Enzyklopädie" von Koch Media mit Filmen wie GENTLEMAN JO … UCCIDI (SHAMANGO; 1967) von Giorgio Stegani, … E PER TETTO UN CIELO DI STELLE (AMIGOS; 1968) von Giulio Petroni, I VIGLIACCHI NON PREGANO (SCHWEINEHUNDE BETEN NICHT; 1969) von Mario Siciliano sowie ROY COLT E WINCHESTER JACK (DREI HALUNKEN UND EIN HALLELUJA; 1970) von Mario Bava. Der Begriff Enzyklopädie ist tatsächlich treffend gewählt: Die DVD-Box versammelt abgesehen von … E PER TETTO UN CIELO DI STELLE eine Reihe eher billig produzierter, und damit typischer Werke des Subgenres, die als beispielhafte B-Filme ohne Hierarchisierung und Wertung dargeboten, so etwas wie einen überblickhaften Ausschnitt des Genres darstellen. In diesem Sinn erfüllt die Edition tatsächlich die filmhistorische Funktion eines Nachschlagewerks und ist eine Grundlage für die Forschungsarbeit am Genre durch Filmwissenschaftler und Fans, denen die eher obskuren Filme hier in durchgängig guter bis sehr guter Qualität präsentiert werden. Allenfalls eine wirkliche Ausgrabung fehlt vielleicht wie sie Koch Media z.B. mit der Veröffentlichung von Nando Ciceros gewalttätigem IL TEMPO DEGLI AVVOLTI (ZEIT DER GEIER; 1967) oder Giulio Petronis Schlüsselwerk TEPEPA (1969) geleistet hat.

Robert Altman zum 90. Geburtstag



American Dreamers/American Losers
– Eine kursorische Passage durch Robert Altmans Werk

I. Altman, Hollywood Survivor


„It's all just one film to me. Just different chapters.“
(Robert Altman)

Robert Altmans (1925-2006) Karriere verlief nie linear, sondern war geprägt von Aufs und Abs, von Kurven und Knicks, von dauerhaften Kämpfen, die er mit Studios und Produzenten führte, und nicht zuletzt von einer äußerst wechselhaften Beziehung zum Publikum: Mal war er zur rechten Zeit am rechten Ort, dann wieder down and out. Altman war ein maverick director, immer dabei und doch außen vor. Am ehesten am Puls der Zeit war er in den 70er Jahren. Lediglich „M*A*S*H“ („M.A.S.H.“; 1970) – auch heute noch sein bekanntester Film – und „The Player“ (1992) waren wirklich große kommerzielle Erfolge, die dem Regisseur seinen Status als Außenseiter in Hollywood sicherten. Durch „M*A*S*H“ erhielt Altman die Möglichkeit, seinen großen Korpus von Filme zu realisieren. Quer durch alle Genres entstanden ab seinem Kinodebüt von 1957, dem Jugenddrama „The Delinquents“, bis zu dem melancholischen Ensemblestück „A Prairie Home Companion“ („Robert Altmans Last Radio Show“; 2006) in seinem Todesjahr 35 Kinospielfilme, zahlreiche Fernsehfilme, Dokumentationen und Serienepisoden sowie Filme, die er für befreundete Filmemacher wie Alan Rudolph produzierte.

Sonntag, 25. Januar 2015

Filmgeschichte kompakt: Gian Piero Brunettas “The History of Italian Cinema”



Buchrezension
Gian Piero Brunetta: The History of Italian Cinema. A Guide to Italian Film from Its Origins to the Twenty-First Century

Wer sich mit italienischem Kino beschäftigt, dem wird Gian Piero Brunetta ein Begriff sein. Der an der Universität Padua lehrende Filmhistoriker hat in seinem Heimatland seit Ende der 1960er Jahre eine Vielzahl von Büchern zum italienischen Kino veröffentlicht, unter denen insbesondere die vierbändige „Storia del cinema italiano“ (Rom 1979ff.) als Standardwerk gelten muss. Mit der seit fünf Jahren vorliegenden englischen Übersetzung von Brunettas 2003 im italienischen Original erschienen „Guida alla storia del cinema italiano, 1905-2003“ wird nun ein Teil dieser nationalen Filmgeschichtsschreibung für das englischsprachige Ausland erschlossen.

Für ein paar Hochglanzbilder mehr: „Dreckige Spaghetti“ im Hannibal-Verlag




Buchrezension
Uwe Killing: Dreckige Spaghetti – Die glorreiche Geschichte des Italo-Western

Die unter Bezeichnungen wie Western allitaliana, Italowestern oder Spaghetti-Western subsumierten Eurowestern der 1960er und 70er Jahre stellen das wohl letzte (Sub-)Genre dar, mit dem europäische Produzenten auch auf den internationalen Märkten mit B- und C-Filmen reüssieren konnten. Diese goldene Ära des europäischen Genrekinos ist lange schon vorbei, auch wenn Quentin Tarantinos Italowestern/Southern-Remix „Django Unchained“ (2012) in den ehemaligen Koproduktionsländern der Italowestern – Italien, Deutschland und Frankreich – unverschämt erfolgreich lief. Der europäische Genrefilm lebt heute, abgesehen von Ausnahmen wie dem französischen Polar, bestenfalls im Fernsehen weiter, wo Autoren wie Dominik Graf, für den der TV-Krimi erklärtermaßen ein Substitut des B-Films ist, tatsächlich immer wieder Großes zu leisten vermögen.

Zack! Bam! Peng! – Ein Sammelband über das Actionkino


 
Buchrezension
Irsigler / Lembke / Strank (Hg.): Actionkino – Moderne Klassiker des populären Films

Für den mit akademischen Gepflogenheiten nicht vertrauten Leser muten Aufsatzsammlungen aus dem film- und medienwissenschaftlichen Umfeld oft wie willkürliche Zusammenstellungen von Einzeltexten an, deren Relevanz zum jeweiligen Thema sich mal mehr, mal weniger überzeugend erschließt. Das Ergebnis ist für die Leser meist nur wenig befriedigend, auch da die so zusammengestellten Essays oft von unterschiedlicher Qualität sind und eine gemeinsame Methodik fehlt.