Sonntag, 20. März 2011

Interview mit Lou Castel in Splatting Image # 85



Interview mit Lou Castel

Seit Mitte März 2011 ist die neue Ausgabe der “Splatting Image”, des Berliner Magazins für den unterschlagenen Film, erhältlich – inklusive eines langen Interviews, das ich mit dem Schauspieler und Regisseur Lou Castel geführt habe.

Old school: "Faster" von George Tillman Jr.


"Faster"

("Faster"; Regie: George Tillman Jr.; USA 2011)


Im Werk von John Ford gab es einen heimlichen Star, den das große Publikum nie richtig wahrnahm. Der 1914 geborene Woody Strode war Profi-Football-Spieler und Wrestler, bevor er Ende der 30er, Anfang der 40er Jahre zum Film kam und zunächst in Nebenrollen auftrat. Für Ford, mit dem er eng befreundet war, spielte er in den 60er Jahren den aufrechten "Sergeant Rutledge" ("Mit einem Fuß in der Hölle"; 1960), den muskulösen Comanchen Stone Calf in "Two Rode Together" ("Zwei ritten zusammen"; 1961) und John Waynes loyalen Assistenten Pompey in "The Man Who Shot Liberty Valance" ("Der Mann, der Liberty Valance erschoss"; 1962). Eine eindrucksvolle Nebenrolle hatte Strode in "Spartacus" (1960), in dem er den äthiopischen Gladiator Draba spielte. Danach verschlug es den 1,93 Meter großen Athleten für einige Filme nach Europa, wo er in der Exposition von Sergio Leones "C’era una volta il West" ("Spiel mir das Lied vom Tod"; 1968) seinen ersten wirklich großen Auftritt erhielt. In den folgenden Jahren wurde Strode zur Ikone vordergründig harter Männlichkeit, hinter deren Fassade doch immer die Sensibilität des Außenseiters zwischen den Kulturen durchschien. Der Sohn afroindianischer Eltern mit dem markanten, kahlgeschorenen Schädel und der herkulischen Physis trat in B-Pictures von Fernando di Leo auf, etwa in "La Mala Ordina" ("Der Mafia-Boss – Sie töten wie Schakale"; 1972), er spielte einen an Lumumba angelehnten Politiker in Valerio Zurlinis "Seduto alla sua destra" ("Töten war ihr Job"; 1968), der in den USA als "Black Jesus" verliehen wurde. Eine seiner letzten Rollen hatte er als 80jähriger in Mario Van Peebles' postmodernem Western "Posse" (1993), in dem er der MTV-Generation eine Geschichtslektion über die vergessenen afroamerikanischen Cowboys erteilen durfte.

Dwayne "The Rock" Johnson ähnelt Woody Strode in vieler Weise

Film Stupid: „Drive Angry 3D“ von Patrick Lussier

 
„Drive Angry“

(„Drive Angry 3D“; Regie: Patrick Lussier; USA 2011)

Nicolas Cage braucht Geld. Viel Geld. Anders lässt es sich kaum erklären, dass der mittlerweile 47-jährige Schauspieler in den letzten Jahren nicht nur omnipräsent im Kino ist, sondern abgesehen von Ausnahmen wie „Bad Lieutenant – Port of Call New Orleans“ (2009; Werner Herzog) und dem poppig-verspielten „Kick-Ass“ (2010; Matthew Vaughn) fast durchgehend in Filmen auftritt, die stupend blöde sind. Filme wie „Season of the Witch“ („Der letzte Tempelritter“; Dominic Sena, 2011), „The Sorcerer's Apprentice“ („Duell der Magier“; 2010; Jon Turteltaub) und das überflüssige „The Wicker Man“-Remake von Neil LaBute (2006) sind bestenfalls überflüssig, in der Regel aber eine Beleidigung des Publikums. Dabei hatte alles so gut angefangen: mit Filmen wie „Rumble Fish“ (1983) und „Cotton Club“ (1984) von seinem Onkel Francis Ford Coppola, „Birdy“ (1984) von Alan Parker, „Raising Arizona“ („Arizona Junior“; 1987) von den Coen-Brüdern und „Wild at Heart“ (1990) von David Lynch. Irgendwann kamen dann die beiden Über-Hollywood-Produzenten Don Simpson und Jerry Bruckheimer und Filme wie „The Rock“ (1996; Michael Bay) und „Con Air“ (1997; Simon West). Und Cage wurde von Actor zum Overactor zur Comicfigur.

Die Leiden des jungen Xavier: „J'ai tué ma mère“ von Xavier Dolan



„J'ai tué ma mère“
(„I Killed My Mother“; Regie: Xavier Dolan; Kanada 2009)

Hubert Minel (Xavier Dolan) ist 17, schwul und pubertiert heftig. Da er seinen Vater seit Urzeiten nicht mehr gesehen hat, bekommt seine alleinerziehende Mutter seine ganzen Stimmungsschwankungen ab: Wut und Verachtung, blanker Hass und zärtliche Zuneigung, kurz: alles was in ihm rumort. Hubert hasst seine Mutter Chantale (Anne Dorval), Hubert liebt seine Mutter. Er braucht sie, und er will von ihr loskommen. Am besten in die eigene Bude. Und seine Mutter treibt ihn – wie alle Eltern in dieser Zeit – zur Weißglut: Sie ist inkonsequent in ihren Entscheidungen – mal sagt sie, er dürfe ruhig ausziehen, dann untersagt sie es ihm. In einem Moment will sie Familie spielen – Sie: „Frag mich doch mal wieder, wie es auf der Arbeit war?“ – Er: „Wenn irgendwas gewesen wäre, hättest du es doch sowieso erzählt.“ – im anderen schickt sie ihn auf ein Internat, weg von sich und seinem neuen Freund Antonin (François Arnaud). Nun soll er raus aus der Stadt, die er so liebt, aufs Land zu den Hinterwäldlern. Da dreschen sie gutaussehende kleine Schwule, die es wagen, in der Dorfdisko mit anderen Schülern rumzuknutschen, mal einfach so zusammen. Was für eine Misere.

Jahresbestenliste 2010


Die Filmgazette hatte für ihren Kritiker-Poll 2010 um meine Lieblingsfilme des vergangenen Jahres gebeten. So problematisch solche Aufstellungen sind – manchen Film vergisst man; manche hinterlassen einen guten Eindruck, der womöglich keiner zweiten Sichtung stand hält; wieder andere habe ich schlicht verpasst – hier meine Top-10, die allerdings nur Filme beinhaltet, die 2010 in deutschen Kinos zu sehen waren. Ansonsten wären Debra Graniks großartiger „Winter’s Bone“ (USA 2010) und Darren Aronofskys „Black Swan” (USA 2010) ebenfalls auf der Liste vertreten gewesen, die ich bereits 2010 gesehen habe, die beide jedoch erst 2011 bei uns herauskommen.